Hier noch mal eine ausführliche Erklärung zu den Kontrollbohrungen, herauskopiert aus dem Text, den ich an anderer Stelle eingestellt hatte:
"Unsere Motoren haben nasse Zylinderlaufbuchsen. Das heißt, im Motorblock läuft der Kolben in einer Blechdose (banal gesagt), die im Motorblock steckt. Um diese Dose herum wird im oberen und mittleren Bereich Wasser zur Kühlung gepumpt. Im unteren Bereich reicht diese Dose bis fast ins Öl, wo der Kolben sozusagen eintaucht und das zu seiner Schmierung erforderliche Öl aufnimmt. Es muß nun aber verhindert werden, daß das Wasser, das um die Dose herum gespült wird, nach unten ins Öl gelangt. Also wird die Dose nach unten hin mit einem O-Ring abgedichtet. Etwas tiefer sitzt ein zweiter O-Ring, der verhindert, daß Öl noch oben Richtung Wasser gelangt. Zwischen diesen beiden O-Ringen ist "Niemandsland", da hat weder Öl noch Wasser zu sein. Dieses "Niemandsland" ist angebohrt, ein Loch führt nach draußen, von außen ist das Loch im Motorblock sichtbar. Das ist das, was hier Kontrollbohrung genannt wird.
Die Konstruktion ist an sich ganz trickreich. Ein alternder O-Ring wird spröde und dann womöglich undicht, es kann Öl rauslaufen. Aber das Öl bekommt keinen Kontakt mit dem Wasser, das ja oben durch einen eigenen O-Ring zurückgehalten wird. Umgekehrt bekommt auch durch den O-Ring entweichendes Wasser keinen Kontakt mit dem Öl, so daß das Wasser nicht ins Öl gelangen kann, das Wasser wird ja durch einen eigenen O-Ring zurückgehalten. Im Prinzip wird daher der Motorlauf durch undichte O-Ringe überhaupt nicht beeinträchtigt, weil Öl und Wasser sich nicht vermischen können. Im Prinzip kann man also, ohne dem Motor weiteren Schaden zuzufügen, mit kleckernden Kontrollbohrungen herumfahren. Freilich muß man darauf achten, daß genug Wasser und Öl im Motor bleiben, und eine Schweinerei ist es allemal, unterm Auto sieht es im wahrsten Sinne des Wortes aus wie Sau, und der TÜV wird bestimmt nicht seinen Segen geben.
Grundsätzlich könnte man diese Löcher auch zuschmieren oder eine Schraube reinsetzen mit einem Dichtmittel im Gewinde. Nur besteht dann eben genau die Gefahr, die RR hat vermeiden wollen: Es kann dann Wasser mit dem Öl sich vermischen, weil es ja nicht mehr durch die Bohrungen entweichen kann, und ein Motorschaden ist unausweichlich. Bei offengelassenen Löcher dagegen wird der Motor kaum weiteren Schaden nehmen - nur kann man mit heftig kleckernden Bohrungen dauerhaft nicht leben.
Was man wohl nicht tun sollte: Nicht kleckernde Löcher sozusagen vorsorglich zuschmieren. Denn in dem Niemandsland ist Luft. Wenn diese Luft bei kaltem Motor dort eingeschlossen wird, dehnt sie sich bei heißem Motor aus und übt Druck auf die O-Ringe aus. Ob das bei alten O-Ringen lange gut geht, ist sicher fraglich.
Im Prinzip gilt das gleiche auch, wenn z.B. nur Öl aus einem Loch kommt: Ein O-Ring hat dann auf jeden Fall schon gelitten. Wird jetzt das Loch dicht gemacht, hat man das Druckproblem im Niemandsland auch. Ob der andere noch gute O-Ring, der ja auch nicht mehr der jüngste ist, das auf Dauer durchhält, darf bezweifelt werden.
Kleckernde Bohrungen, ob nun wegen Öl oder Wasser oder beidem, sagen also nichts darüber, ob der Motor verschlissen ist oder nicht. Es sind halt einfach die O-Ringe der Zylinderlaufbuchsen undicht. Leider ist deren Austausch derart aufwendig, daß sich die Frage stellt, ob der Motor nicht insgesamt überholt werden sollte, wenn es stark leckt aus diese Löchern. Das muß man dann ggf. mit dem Fachmann zusammen beim Zerlegen des Motors entscheiden.
Früher habe ich gesagt, ich würde die Löcher zuschmieren. Das kann gut gehen, etliche Motoren sind nach dem Abdichten eines leckenden Lochs noch Zehntausende von Kilometern gelaufen. Aber ob das immer so klappt, darüber gibt es wohl keine Sicherheit, heute bin ich da eher spektisch.
Vielen unter uns wird das alles bekannt sein. Aber manch einem macht es die Sache mit den Kontrollbohrungen vielleicht etwas klarer."
Gruß - Udo