Wozu der runde Diagnosestecker taugt, ist schon ein bißchen klar geworden bei der Erklärung, wie man den Stecker bei Fahrzeugen mit ZytekECU zum Auslesen des Fehlerspeichers von Motor und Getriebe nutzt. Aber der Stecker gibt auch noch anderes her, z.B. die Daten über den Ladedruck.
Wer weiß schon, ob sein TurboR oder ContinentalR tatsächlich den Ladedruck produziert, den er eigentlich produzieren sollte. Fehlender Ladedruck bedeutet verminderte Leistung und das Vorhandensein eines oder mehrerer Fehler, die auch andere böse Folgen haben können.
Bei dem runden Diagnosestecker, und zwar bei Zytek- wie auch bei Bosch-Motorsteuerung, liegt der Ladedruck am Pin "S" des Steckers an (Bild). Der Druck wird in Form eines Spannungswertes dargestellt, den man mit jedem Volt- oder Multimeter anzeigen kann. So kann man ganz einfach prüfen, ob der Ladedruck tatsächlich fehlerfrei aufgebaut wird oder ob irgendein Fehler vorliegt, der den Ladedruck auf den Basisdruck von etwa 200 mbar begrenzt.
Die Lage des Pins "S" ist im Bild dargestellt (Bild). Die Pinne sind beschriftet, mit guter Beleuchtung des Steckers läßt sich der Pin "S" erkennen. Man kann einfach ein Kabel (Bild) mit einem runden Steckstift in das Loch "S" setzen und an das Voltmeter führen, die andere Seite des Voltmeters geht an Masse (irgendeine Schraube oder die Edelstahlleiste auf dem Türschweller). Bei stehendem Motor und eingeschalteter Zündung zeigt das Voltmeter einen Wert zwischen 2 und 2,3 V an (Bild). Der angezeigte Wert entspricht - da der Motor nicht läuft - exakt dem aktuellen Luftdruck, der sich errechnet nach der Formel: P = V * 400 + 80, wobei P den zu errechnenden Druck und V die abgelesene Spannung bedeuten.
In dieser Formel ist vereinfachend angenommen, daß die Bordspannung 5 V beträgt. Sie schwankt tatsächlich zwischen 4,95 V und 5,05 V, also +/- 1 %. Um die Rechnung zu vereinfachen, habe ich diese Schwankung einfach vernachlässigt. Dadurch wird die Formel schön einfach und ist im Kopf zu bewältigen: Spannung mal vier plus 0,8 und Komma zwei Stellen nach rechts bzw. mal hundert, fertig.
Liest man also bei eingeschalteter Zündung und stehendem Motor am Pin "S" einen Wert von 2,33 V wie im Foto ab, so ergibt sich mit ein bißchen Kopfrechnen sehr schnell ein Wert von 1012 mbar. Für krummere Werte mag ein Taschenrechner dem weniger begabten Kopfrechner auf die Sprünge helfen.
Mit ein bißchen Proberechnen findet man schnell, daß 0,25 V Spannungsänderung einer Druckänderung von 100 mbar entsprechen. Ein TurboR mit Kat (ohne Booster) soll einen maximalen Ladedruck von 320 mbar aufbauen. Das Multimeter müßte also bei heftigem Beschleunigen und 1000 mbar Luftdruck etwa 3,1 V anzeigen. Wenn dieser Wert erreicht wird, ist alles in Ordnung - bei schlechtem Wetter und niedrigerem Luftdruck liegt dieser Maximalwert entsprechend niedriger.
Liegt ein Fehler vor, kommt nur der Basisdruck von 200 mbar zustande, bei dem abgeregelt wird. Basisdruck wäre also - wir reden von 1000 mbar Luftdruck - 2,8 V. Wenn das Multimeter bei gutem Wetter und 1000 mbar Luftdruck beim besten Willen nicht mehr als 2,8 V anzeigen will, dann streikt die Steuerung des Turboladers - warum auch immer, Ursachen gibt es eine ganze Reihe. Bei niedrigrem Luftdruck liegt der Grenzwert entsprechend bei weniger als 2,8 V.
Die tatsächlich erhaltenen Werte hängen also vom Luftdruck der Umgebung ab (und von anderen Faktoren wie der Lufttemperatur z.B., die aber in der Formel nicht berücksichtigt wird). Deshalb ist es wichtig, vor dem Beginn von testweisen Messungen im Fahrbetrieb den Luftdruck zu ermitteln bzw. die entsprechende Spannung. Bei miesem Wetter und nur 900 mbar Luftdruck zeigt das Voltmeter bei eingeschalteter Zündung und stehendem Motor nur 2,05 V (nachrechnen?). Bei anderem Luftdruck ist die Spannung entsprechend anders. Auszugehen ist also immer vom Spannungswert beim aktuellen Luftdruck, abgelesen bei eingeschalteter Zündung und stehendem Motor, ein Wert fast immer zwischen 2 und etwa 2,3 V, alles andere wäre extrem.
Das ist es, was der Pin "S" des Diagnosesteckers hergibt. Man kann sich mit diesem Wissen jetzt ein elektrisches (kein mechanisches!) Anzeigeteil für Ladedruck ins Armaturenbrett einbauen, beim ContinentalR z.B. anstelle der ziemlich nutzlosen Öltemperaturanzeige, die bei mir kaum über den Nullwert ansteigt. Aber da unsere Motoren - auch mit Booster - kaum über 600 mbar erreichen, sind die üblichen Geräte, die in das Fenster passen, arg ungenau, wenn sie bis 3 oder gar mehr mbar gehen. Es gibt ein sehr schönes Teil von Defi Stepmaster, das nur 1 mbar Maximum anzeigt, aber das hat leider 60 mm Durchmesser, und stilistisch passen würde es auch nicht. Vielleicht probiere ich es mit einem digitalen Teil, auch wenn das dann stilistisch gar nicht paßt, aber halt so stark anders aussieht, daß es schon wieder akzeptabel erscheint. Wenn ich so was eingebaut habe, zeige ich ein Bild. Derzeit hänge ich ein Multimeter dran, ist ja nur zum Testen.
Übrigens kommt man an den Ladruck natürlich auch mit Torque Pro über OBD2, aber dann eben mit dem früher beschriebenen Ringlockstecker und einem OBD2-Wifi- oder -Bluetooth-Modul. Grundsätzlich geht das Auslesen des Ladedrucks in Form von Spannung auch bei den Modellen, die den Diagnosestecker nicht haben, also bis Mj 91 einschließlich, da muß man die Spannung dann direkt am Drucksensor abgreifen bzw. einem Stecker in der Nähe des EngineECUs - und das Verlegen eines Kabels in den Innenraum ist entweder unschön oder aufwendig. Beim TurboR habe ich mir ein Kabel in den Innenraum gelegt, beim ContinentalR erübrigt sich das. Wenn das interessiert, bitte Hinweis, dann mache ich dazu einen Bericht mit Bildern.
Ich finde die Prüfung des Ladedrucks interessant und nicht unwichtig, denn nach vielen Gesprächen und ausgiebiger Lektüre bin ich längst überzeugt, daß bei bestimmt der Hälfte aller unserer Autos mit Turbolader der eigentlich erreichbare Ladedruck überhaupt nicht erreicht wird, stattdessen wird nur noch der Basisdruck erreicht - mit dem entsprechenden Minus an Leistung. Mag für manchen unbedeutend sein, ist es für mich im Prinzip auch. Aber ein Turbo, der seine Leistung bringt, macht ab und zu beim Beschleunigen richtig Spaß :-)
Mal sehen, was sich dem Diagnosestecker noch so entlocken lassen wird.
Gruß - Udo