Autor Thema: Fahrzeugentlackung  (Gelesen 32162 mal)

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Offline pfl

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #30 am: Mi.10.Jan 2018/ 08:00:37 »
Noch ne Frage an die Shadow Experten:
Sind frühe Shadows (und damit auch corniche) überhaupt Nitro lackiert gewesen?
Ich nehme an dass das eher TPA war, ähnlich wie bei Jaguar XJ aus der Zeit.

Abflammen kann bei TPA nach meiner Einschätzung nicht funktionieren - der hoch brennbare Celluloidanteil fehlt doch bei den Materialien. Hier bleibt dann nur Beizen oder Heißluft.

@hugo: Du hast vermutlich mit der Heißluft entlackt so wie das aussieht
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Offline hugo

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #31 am: Mi.10.Jan 2018/ 09:20:37 »
Hallo Peter,

ja mit Heißluftfön und Gasbrenner.
Das hatte ich schon beim Shadow gemacht weil keiner der üblichen Abbeizer funktionierte. Damals kam der Tip von einem Lackierer die Temperaturmethode zu versuchen.
Beim Silver Spur mußte nach dem "Heißentlacken" allerdings noch der Beulendoktor einige Stellen nacharbeiten die sich durch die hohen Temperaturen verzogen hatten. Das war beim Shadow nicht der Fall.

Offline cferbrecht

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #32 am: Mi.10.Jan 2018/ 09:29:38 »
Ich habe Ende der 80er Jahre das Mulliner-Park-Ward-Werk in London besichtigt. Dort hat man mir erklärt, dass man ab 1985 schrittweise von 'Cellulose' (also Nitrozellulose-Lack) auf 'Acrylic' umgestellt hat. Angefangen hat man mit Nicht-Metallic-Farben und war bei meinem Besuch auch mit den Metallic-Farben durch.

Ob das so stimmt? Thermoplastlacke fanden damals keine Erwähnung, und ich haben diesen Lacktyp immer nur mit US-Fahrzeugen assoziiert.

Ich habe eben das Flying-Lady-Archiv (FL ist die US-Clubzeitung, die sehr viele technische Hinweise enthält) durchforstet und vieles zum Lackieren von Fahrzeugen gefunden, aber keinen Hinweis darauf, was wann original verwendet worden ist.

Zum Entfernen alter Lacke habe ich dabei ein schönes Bild gefunden, auf dem eine gewisse Jeanne die komplette Farbe von der Motorhaube eines Phantom III abzieht - ist doch ganz einfach, oder?

Optimistische Grüße aus dem Norden
Claus F. Erbrecht
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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #33 am: Mi.10.Jan 2018/ 09:42:23 »
ob es Nitrolack ist lässt sich recht leicht mit Nitroverdünner klären. Ein mit Nitrolack getränkter Lappen auf eine lackierte Stelle legen, nach ca 15 Minuten muss sich der Lack in einem Gekräusel vom Untergrund gelöst haben und leicht ablösbar sein. Löst ich der Untergrund nicht an, kann der problemlos abgeschliffen werden (Negerkeks - sorry, ich weiss die politisch korrekte Bezeichnung dafür nicht  8) )
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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #34 am: Mi.10.Jan 2018/ 10:50:58 »
ob es Nitrolack ist lässt sich recht leicht mit Nitroverdünner klären. Ein mit Nitrolack getränkter Lappen auf eine lackierte Stelle legen, nach ca 15 Minuten muss sich der Lack in einem Gekräusel vom Untergrund gelöst haben und leicht ablösbar sein.

Na ja,

diese Methode eignet sich gerade nicht dazu, herauszufinden, ob Nitro oder "That Pissy Awful" (TPA) verwendet wurden, denn auch TPA löst sich bei Auftrag von Nitroverdünnung schneller auf, als man
T H E R M O P L A S T I S C H E R   L A C K buchstabieren kann.  :-\

Skeptisch

Michael

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #35 am: Mi.10.Jan 2018/ 10:54:59 »
Ich habe Ende der 80er Jahre das Mulliner-Park-Ward-Werk in London besichtigt. Dort hat man mir erklärt, dass man ab 1985 schrittweise von 'Cellulose' (also Nitrozellulose-Lack) auf 'Acrylic' umgestellt hat. Angefangen hat man mit Nicht-Metallic-Farben und war bei meinem Besuch auch mit den Metallic-Farben durch.

Ob das so stimmt? Thermoplastlacke fanden damals keine Erwähnung, und ich haben diesen Lacktyp immer nur mit US-Fahrzeugen assoziiert.

Hm,

das überrascht mich nun etwas, da ich bisher immer davon ausging, dass bei Dawn, Cloud und Shadow überwiegend TPA verwendet wurde. Darum bin ich auch ganz fasziniert, wenn Sergey hier von Nitro redet. Ich traue aber RR durchaus zu, dass sie gerade das verwendet haben, was momentan im nächsten Baumarkt im Angebot war.  >:D

Erstaunt

Michael

Offline Sergey

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #36 am: Mi.10.Jan 2018/ 10:56:04 »
Hallo an alle! Ich werde auf jeden Fall zuerst ermitteln was für Lack verwendet worden war und dann kleine Tests machen. Ich berichte euch dann wie es gellaufen.
Grüße aus Frankfurt
Sergey
« Letzte Änderung: Mi.10.Jan 2018/ 11:24:59 von Sergey »

Offline pfl

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #37 am: Mi.10.Jan 2018/ 13:00:08 »
Lieber Michael,
mein Wissenstand zu den besser verabeiteten Bentleys (* wegduck *) ist dass zumindest bis S/Cloud Nitro lackiert wurde. Angeblich 9 Farbschichten oder gar mehr. Das wäre mit TPA extrem dick  ;D
Wie ich meine runter habe habe ich auch dickere Farbschichten vorgefunden die sicherlich Nitro waren.(Neben der Bestätigung durch den erwähnten "Brenntest")
Ich hatte:
Acryl von Nachlackierung
Sperrgrund
Originallack
Die bekannte Rote Grundierung

In der Dickenverteilung:
Acryl und Sperrgrund: ca. 1/3
Rest Originallack  2/3 (Anteil Grundierung ist dabei ziemlich dünn)

So ein Chip ist gut 1-2 mm stark. Nitrolackschichten per se sind einzel sehr dünn, da hoher Lösungsmittelanteil ( bis zu 70%) daher musste man da immer viele Schichten spritzen um Deckung und Fläche zu bekommen. Somit ist effektiv eine Nitrolackierung immer speckig-dick. Die berühmte Farbtiefe rührt genau von diesen mehrfachen, teiltransparenten Schichten, der gerühmte Glanz davon dass die einzelne Farbeschicht dünn und weich ist, daher schnell verwittert aber bei ständiger Pflege (polieren!) aufgrund der Weichheit extrem glatt wird. Für 2K müsste man für ein ähnliches Ergebnis die Farbe min 1 Jahr durchhärten lassen, dann wieder alles mit 2000 schleifen (da Farbe dann für nur Polish zu hart) und das geglättete Ergebnis wieder aufpolieren - aber wer macht das schon.

TPA war in den 60-er das Wundermittel, da es auch weich ist (... und sich mit Nitro anlöst - Michael hat recht) und bei Erwärmung wieder flüssig wird. Für alle die nicht lackieren konnten ganz toll: Fehler rausschleifen, nachlackieren, warmmachen und alles läuft wieder toll glänzend zusammen. Daher ideal für USA! TPA ist zwar in der Regel nur in einer Schicht aufgetragen, hat als Harz aber deutlich weniger Lösungsmittel drin - meist reicht ein Auftrag auch. Uns schön weich ist es auch - lässt sich  (muss aber auch) toll polieren. Ich hatte mal einen frühen XJ12 Serie 3 in TPA - pflegeintensiv aber das End-Ergebnis war gut

Bei Sergey sieht dass abgeplatze deutlich dünner aus, ähnlich wie eine moderne 2K Lackierung.
Hier sind ja auch nur 3 Schichten in der Regel verwendet:
1 Schicht Grundierung/Etchprimer
Eigentliche Farbschicht, 1 oder 2 Spritzlagen
Klarlack bei Metallic und 2 Schicht Lacken
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Offline wellenkieker

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #38 am: Mi.10.Jan 2018/ 14:09:34 »
Ich habe ein Fahrzeug mit TPA,
orig. Werksauftrag,
leider ist es kein englisches.
Der dort aufgebrachte  TPA ist relativ dick und eben weich.
Hiervon unterscheiden sich die engl. Vertreter, zumindest verifizierbar dort,
wo sie nicht "überarbeitet" wurden durch
rel. dünnen, rel. harten Lack,
was gegen TPA spräche. :-\

Stefan

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #39 am: Mi.10.Jan 2018/ 14:13:56 »
TPA war in den 60-er das Wundermittel ...

Das war es bereits 20 Jahre vorher, Peter,

und darum glaube ich auch nicht, dass RR noch nach dem Krieg darauf verzichtet hat, da im Vergleich zu Nitro wirklich alle Vorteile bezüglich Verarbeitung und Optik beim TPA liegen.

Ich gehe einfach mal weiter davon aus, dass RR von Dawn bis Shadow TPA eingesetzt hat, bis mir jemand das Gegenteil beweist - ohne Massenspektrometer und Gaschromatograph wird das allerdings etwas kniffelig.  ;)

Skeptisch

Michael

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #40 am: Mi.10.Jan 2018/ 14:48:19 »
Der dort aufgebrachte  TPA ist relativ dick

Ach ja,

das hatte ich oben ganz vergessen, darum danke an Stefan: Auch TPA wurde oft mit großer Schichtdicke verarbeitet, was bei Peters Schichtdicke von über 1 mm das Vorhandensein von TPA eher bestätigt als widerlegt. Und ich gehe davon aus, dass auch TPA wunderbar brennt, wenn man ihm mit der Lötlampe zu Leibe rückt. ;)

Schmunzelnd

Michael

Offline wellenkieker

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #41 am: Mi.10.Jan 2018/ 17:27:33 »
Hallo Michael,

es müsste sich auch ohne Feuer und Stechbeitel oder Lösemittel ein Beweis
führen lassen, ganz ab vom Gaschromatographen.
Den guten und hochwertigen aber noch unbekannten Lack an einer leicht erreichbaren,
jedoch schlecht sichtbaren, Stelle mit dem Fingernagel vorsichtig eindrücken.
So daß eine leichte Fuge in der Lackoberfläche zurückbleibt.
Anschließend mit Verstand erwärmen (ohne Feuer).
Ist es TPA glättet sich der Lack im Zuge, vielleicht nicht 100% aber er glättet sich.
Ist es Nitrocellulose wurde durch das Eindrücken des Nagels in den Lack dessen Gefüge zerstört.
Erwärmen bleibt ohne Erfolg.

Stefan


Offline Zippy

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #42 am: Do.11.Jan 2018/ 00:07:08 »
Ich finde es sehr bedenklich, dass hier Anleitungen zum Abfackeln von Nitrolack gegeben werden.

Das kommt ja gleich nach dem Trockenschleifen von Eternit oder Asbest.

Für solche Eskapaden fehlt mir das Verständnis.

Grüsse !

Thomas

P.S. Ich möchte niemanden persönlich angreifen, sondern nur meine Pflicht als Sicherheitsbeauftragter für Arbeitsschutz wahrnehmen und zum Nachdenken anregen.


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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #43 am: Do.11.Jan 2018/ 08:44:18 »
Ich finde es sehr bedenklich, dass hier Anleitungen zum Abfackeln von Nitrolack gegeben werden.

Das kommt ja gleich nach dem Trockenschleifen von Eternit oder Asbest.

Für solche Eskapaden fehlt mir das Verständnis.


Ich kann Deine Bedenken gut verstehen, Thomas,

trotzdem bin ich Peter dankbar dafür, dass er seine Methode beschrieben hat, denn diese Entlackungsmethode war mir bisher gänzlich unbekannt. Auf entsprechende Risiken hat Peter ja auch hingewiesen, insofern sehe ich da keinen Grund zum Vorwurf.

Ob man als Hobbybastler diese Methode nun nachahmt oder doch lieber das damit verbundene Risiko meidet, sollte meines Erachtens ein erwachsener Mensch selber entscheiden dürfen.

Mündig

Michael

Offline pfl

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Re: Fahrzeugentlackung
« Antwort #44 am: Do.11.Jan 2018/ 09:08:40 »
Lieber Michael,
zum Thema TPA oder Nitro habe ich mal versucht zu recherieren.
An verschiedenen Stellen in der RR Literatur wird zwar immer wieder die 9-12 schichtige Lackierung (das kann dann auch nur Nitro sein, TPA wäre dann zu dick) bei Rolls gepriesen und mystifiziert, richtige Belege gibt es dafür aber keine.
Auch über meine Chassis card komme ich nicht weiter, ich weiß zwar das der Hersteller Valspar war, welches Farbsystem da dahinter steht konnte ich nicht recherieren. Vielleicht sagt aber jemand die Angabe Valspar 143/10034 was (10034 = Farbnummer= Black Pearl)

Anderseits findet sich hier: http://www.macbrite.de/content/view/19/47/ und hier: https://omnia-online.jimdo.com/historische-materialien/ zwei Quellen die drauf referenzieren dass unter anderem Ferrari, Jaguar, Rolls und Maserati in den 60-er Jahren begonnen haben TPA zu verarbeiten und das teilweise bis in die 80er (bei Jaguar kann ich das durch eigene Erfahrung bestätigen)  beibehalten haben.

Ich denke dass bei den wenigen handgefertigten Karrosserien (Continentals, Phantoms)  sicherlich oft Nitro verwendet wurde. Dies ist ja bis vor kurzem auch in England oft für Reparaturlackierungen in kleinen Betrieben oder für die Heim-Restauration verwendet worden. Für die Volumen-Fahrzeuge (und da zähle ich mit rund 2000 pro Jahr oder 6-8 pro Tag  gebauten Clouds und S auch die Standard Saloons dazu) spricht viel für die Annahme, dass hier doch TPA eingesetzt wurde. Bei meinem Fahrzeug kann ich leider nicht mehr nachsehen - von der alten Farbe ist nichts mehr da ;)

Grüße
Peter
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