Autor Thema: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"  (Gelesen 11141 mal)

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Offline PDA

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #15 am: Mi.14.Nov 2007/ 17:01:27 »
Hallo meine Herren ;D

Kann mich leider nicht zurückhalten meinen Senf dazuzugeben und bin ganz der Meinung unseres guten Geistes aus dem Norden. Ein Anzug von einem der traditionellen Geschäfte der SAVILE ROW  (W1 City of Westminster, London) ist mit allem drum und dran etwas anderes als ein gutes Stück von Boss (oder Burberry etc). Wenn jetzt Boss (oder Burberry) hingeht und Gieves & Hawkes aufkaufen würde und unter diesem Label Anzüge produzieren würde (auch auf Mass) geht doch die Seele dieser Anzüge verloren. Es treffen zwei verschiedene Welten aufeinander, wobei die eine Welt bei der anderen Welt eine völlige „Sinnentleerung“ herbeiführt. Ich wage zu behaupten: Als RR Bentley übernommen hatte, kamen zwei Firmen aus der gleichen Welt zueinander. Die Fahrzeuge hatten weiterhin Seelen. Schaut Euch Morgan an, hätte Morgan RR übernommen sähe der neue Phantom ganz anders aus und hätte sicherlich heute noch eine Seele.

Ich weiss, ich bin pathetisch . :'( ;)


Grüsse

PDA

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #16 am: Mi.14.Nov 2007/ 17:12:27 »
Nein, nicht pathetisch. Du bist hypothetisch  ;)
LG

Offline gelöscht

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #17 am: Mi.14.Nov 2007/ 17:20:18 »
Hm....macht Gieves (ohne "Hawkes" dazu) nicht schon Konfektion? Und lebt so vom bespoke-Mythos der Row?

Offline PY158

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #18 am: Mi.14.Nov 2007/ 18:37:20 »
Lieber PDA und lieber guter Geist aus dem Norden und überhaupt alle lieben anderen Traditionsbewahrer (Blümchen in Sprechblase),

im Zuge der Diskussion um einen neuen "Baby-Rolls" kam das Thema der Weitergabe eines Mythos bzw. Verlust von "Seele" etc. auf. Ich glaube, dass beide Vergleich, von den Beatles, ich erwähnte es bereits, und der von PDA angeführte vom Traditionshaus in der Savile Row einfach nicht zutreffen, bzw. in dieser Form nicht anwendbar sind.

Können wir es darum bitte einmal etwas neutraler fassen: eine traditionsreiche Firma produziert ein tolles und teures Produkt und verdient damit Geld. Irgendwann kann sich die Firma finanziell nicht mehr halten, aus welchen Gründen auch immer. Jetzt gibt es 3 Möglichkeiten: A) Konkurs und Untergang des Unternehmens, B) Einstieg eines neuen Eigentümers mit frischem Geld und Weiterführung unter neuer Leitung, C) Übernahme des Unternehmens  (oder auch nur der Markenrechte, sehr beliebt) und Fortführung der Marke mit komplett verändertem Hintergrund.

Variante A kennen wir: Duesenberg, Isotta-Fraschini, Delage, Delahaye, Facel-Vega, DeLorean, Cizeta usw. alles zu Ihrer Zeit wunderbare Automobile, alle Firmen und Servicenetzwerke tot, alle Autos nur mit größter Mühe und Nachfertigungen am Leben zu halten.

Variante B ist der Punkt, um den sich hier die Diskussion dreht, und ich möchte nicht verschweigen, dass diese inzwischen eine gewisse philosophische Dimension angenommen hat. Bentley ist genau so ein Fall. Und Rolls-Royce war es von 1998-2002. Nämlich ein finanzstarker Mutterkonzern kauft einen bestehenden Betrieb. Die Fabrik bleibt die gleiche, die Mitarbeiter bleiben die gleichen. Was, bitteschön, soll jetzt daran schlecht sein? Die Entscheidung für Motoren von BMW, nämlich 8 Zylinder Turbos für die Bentleys und 12 Zylinder Sauger für den Silver Seraph war bereits vorher gefallen, noch zu Zeiten unter der Vickers Eigentümerschaft. Warum? Weil für eine Eigenentwicklung, die Abermillionen von Pfund oder Euros gekostet hätte, schlichtweg kein Geld vorhanden war. Genauso, wie auch kein Geld für die Entwicklung des MSB Projekts (=Mid Size Bentley) vorhanden war. Und VW hat diese Autos in den folgenden Jahren nach der Übernahme auch brav weiterbauen lassen und für den Bentley hat man den damals schon 40 Jahre alten Original-V8 nochmals dermaßen aufgefrischt, dass er bis heute weitergebaut werden konnte und alle Abgasstandards erfüllt. Das MSB Projekt wurde ein voller Erfolg in Gestalt des Continental GT samt seinen Derivaten Flying Spur bzw. GTC und ich freue mich von Herzen dafür, denn er wird das Überleben dieser Marke noch für viele Jahre absichern.

Variante C trifft m.E. eher für die neue Marke Rolls-Royce zu, denn außer dem Namen, dessen Rechte sich BMW 1998 sichern konnte, was überhaupt erst zur Trennung der beiden Marken nach über 70 Jahren geführt hat, hat diese Firma genau gar nichts mit der alten Firma RR zu tun. Trotzdem ist die Übernahme einigermaßen gelungen, wie vorhin schon irgendwo erwähnt. Nicht zu vergleichen hiermit ist die speziell in der Modebranche und Luxusgüterindustrie verbreitete Masche, jeden x-beliebigen Scheiß mit einem großen Markenlabel versehen für teuer Geld an eine von MTV und Lifestyle Postillen verblödete Kundschaft zu verticken. Insoweit mag PDA Recht haben; wenn Turnbull & Asser billige Fernostware über seinen feinen Londoner Warentisch rüberschiebt, wird das die Klientel nicht goutieren. In der Konsequenz würde die Firma dann überleben, wenn sie ihren Namen groß auf T-Shirts druckt und selbe für 100€ das Stück verscherbeln kann, aber sicher nicht für die berühmten Hemden, die man sich dann doch lieber woanders anmessen ließe. Aber das ist nun wirklich ein gaaanz anderes Thema.

Zusammenfassend interessiert mich als Käufer die Qualität eines Produktes. Und als Techniker fasziniert mich bei Rolls-Royce einfach die unfassbare Qualität und Dauerhaftigkeit im Detail, die jeden Vergleich mit einem anderen Produkt aus der jeweils heranzuziehenden Epoche gewinnt. RR war immer ein gutes Auto und ist es vermutlich (habe den neuen Phantom noch nicht gefahren) auch heute noch. Bentley war zu W.O.'s Zeiten ein gutes Auto, zu RR-Zeiten ebenfalls, und ist es heute unter VW immer noch. Nur halt anders in der Erscheinung, wenn man die unterschiedlichen Epochen vergleicht. Aber hey: diese ganze Debatte findet auf hohem Niveau statt. Vergleicht doch einfach mal einen Opel Rekord A, einen Kadett B, einen Manta mit einem Ford 12M, Taunus, Granada oder was weiß ich. Der Vergleich wird schwierig werden, denn die Kisten sind alle längst in der Schrottpresse verschwunden. Und wenn ich heutzutage immer noch mit einem Vintage RR oder Bentley im Verkehr mithalten kann und ein früher Nachkriegswagen fast jeden Komfort hat, den ich heute bei Mercedes und VW noch immer extra bezahlen muss, dann wird erst die überlegene Konzeption dieser Fahrzeuge ersichtlich. Und zwar durch alle Jahrzehnte, die man vergleichen mag. Mögen noch viele davon die Werkshallen verlassen.

Freundliche Grüße,
Christoph
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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #19 am: Mi.14.Nov 2007/ 20:31:34 »

Online cferbrecht

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #20 am: Mi.14.Nov 2007/ 21:46:48 »
Zuerst mal: Ich finde diese Diskussion richtig gut, sowohl vom Thema als auch vom Verlauf – eine schöne Mischung aus Emotionalität und Sachlichkeit. Meine Anspielung auf den Umweltaspekt hat bisher keine Resonanz gefunden, daher nochmal ein paar Gedanken dazu:

Wenn ich rein sachlich an die Sache rangehe, dann sind nicht nur die ganzen modernen Spritschlucker mehr als überflüssig, nämlich superschädlich für den Fortbestand einer lebensfreundlichen Ökosphäre dieser Erde, sondern natürlich auch jeder Inlandsflug, aber auch die ganzen übermotorisierten Kleinwagen, wo ja kaum noch etwas unter 100PS verkaufbar scheint. Überflüssig und ebenso schädlich, weil es die ganzen Erfolge bei der Kraftstoffersparnis moderner Motoren und der Entwicklung leichterer Karosserien zunichte macht, ist auch der Einbau jeglichen elektrischen Schnickschnacks, diverser Servos und Klimaanlagen in die Mehrzahl der Fahrzeuge. Das sind nun auch wieder die Gimmicks, die den veränderten Mythos (nicht mehr Wunderwerk der Technik, sondern Inbegriff von Luxus) der Marken RR/B ab Mitte der 50er Jahre ausmachten – da sie heute Standard sind und RR/B mit einem elektrischen Fensterheber niemand mehr hinterm Ofen hervorlockt und auch aufgeklebte Holzteile weit verbreitet sind, muss man offenbar nun die Protzerei bedienen.

Einschub:
Die RR und B der Vorkriegszeit waren zum größten Teil nicht protzig – es waren häufig recht spartanisch ausgestattete, völlig unspektakuläre Kisten für Geschäftsleute, die einfach ein zuverlässiges, leises und bequemes Auto wollten. Das gilt zumindest für die Heimat der beiden Companies; in den USA, wo Understatement auch damals nicht unbedingt zu den Kardinaltugenden gehörte, sah das anders aus, und RR ging frühzeitig auf Modetrends und Wegwerfmentalität ein, indem z.B. das Werk in Springfield in Zahlung genommene, eher formale Kastenlimousinen mit Roadster-Aufbauten versah und mit neuer Garantie wieder auf den Markt brachte.

Die großartigen (und vielleicht auch protzigen) Zeugnisse vergangener Zeiten (Pyramiden, Tempel, Armeen aus Tonfiguren...) sind Hinterlassenschaften untergegangener Kulturen, und das sind die Duesenberg, Isotta-Fraschini, Delage, Delahaye usw. auch – diese Glamour-Kultur der grossen Stars gibt es nicht mehr, denn Britney Spears, Paris Hilton und Co. sind doch eher Witzfiguren.

Ja, ich glaube, diese Autos sind Saurier – sie passen weder kulturell noch in Bezug auf ihre Schädlichkeit in diese Welt, und sie sollten aussterben. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie eines Tages auch Zeugnisse einer untergegangenen Kultur sind – und da diese Kultur die ganze Welt betrifft, wäre eben der Untergang auch fatal, da zuviel betroffen wäre.

Das ist jetzt natürlich auch schon mit Emotionen durchsetzt – vollends emotional betrachtet sind die modernen RR/B für mich nicht stimmig, da sie eben Badge-Engineering-Produkte sind: Abkömmlinge existierender Produkte aus einer anderen Ebene, deren höhere Wertigkeit "aufgeklebt" wirkt. Es sind eben keine Produkte, die jemand gebaut hat, weil er eine Vision hatte und der Welt etwas besonders Gutes und/oder Schönes bringen wollte – es sind Produkte, bei den Menschen überlegt haben: 'Was können wir verkaufen, und zu welchem Preis? Wie muss das Image aufgebaut werden, wie muss die Werbung sein? usw.' Den Managern, die diese Entscheidungen treffen, ist weitgehend egal, welches Produkt sie verkaufen, solange es ihnen Geld bringt – ob ein Produkt der Welt nützt oder schadet, ist völlig gleichgültig.

Ziemlich ratlose Grüße aus dem Norden
Claus F.Erbrecht
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Offline PY158

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #21 am: Mi.14.Nov 2007/ 22:55:59 »
Wow, was für ein Beitrag, Herr Erbrecht, mein Kompliment! Auch ich finde diese Diskussion sehr gelungen, weil sie sehr tief liegende Aspekte berührt, die bislang selten diskutiert worden sind. Und ich finde nach wie vor, dass dieser Thread auch sehr viel mit Philosophie zu tun hat. Gerne will ich auf die von Ihnen genannten Umweltaspekte eingehen wie folgt:

Rein sachlich betrachtet, sind SAMT UND SONDERS ALLE Autos überflüssige Spritschlucker und jeglicher Vernunft Hohn sprechende Saurier. Und zwar quer durch alle Klassen. Das hat viel mit Menschlichkeit, also Unvernunft, zu tun. Machen wir uns bitte nichts vor: Autos sind Statussymbole und werden es auf absehbare Zeit bleiben. Ein Auto hat viel mehr zu tun, als mich von A nach B zu bringen. Es muss meinem Nachbarn zeigen, dass ich mir was leisten kann. Es muss mir selbst bestätigen, dass sich die vielen Überstunden gelohnt haben. Es soll mich abschirmen von der grausamen Welt da draußen und mir vorgaukeln, dass der Blödsinn von der "Freien Fahrt für freie Bürger" immer noch zutrifft - wenn die Straße mal frei sein sollte. Und wenn ich mit allen anderen im Stau stehe, muss es mir mit seiner Haptik und seinen olfaktorischen Wohltaten stets zu verstehen geben, um wieviel es doch schöner und besser ist, seine Zeit in ihm zu verschwenden, als in einem verdreckten Bahnabteil sitzen oder an einer Haltestelle im Matsch auf den nächsten Bus warten zu müssen. Dafür und für vieles andere mehr sind wir alle in dieser Runde gerne bereit, den zehnfachen Preis dafür zu bezahlen um von A nach B zu kommen, als es eigentlich nach Lage der Dinge kosten müsste.

Vom Stand der Technik her betrachtet wäre es schon längst möglich, mit einem Drittel des tatsächlichen Spritverbrauchs auszukommen. Die B-Seite dieser Scheibe will allerdings keiner hören: man müsste es einfach nur etwas langsamer angehen, man müsste gelegentlich mal wieder selber irgendwo kurbeln, man müsste ab und zu das Wetter nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern sich auch danach anziehen, statt eine Klimaautomatik damit zu beschäftigen, die immerzu selbe Temperatur einzustellen etc. etc. In Wahrheit ist es so, dass mich ein Dacia Logan oder SEAT Marbella genauso von A nach B bringt wie ein anderes Fahrzeug und alles was an Aufwand darüber hinaus geht, der reine Luxus ist. Wir spielen hier am allerobersten Ende der Luxusskala herum und es gibt genau GAR kein Argument dafür, zumindest kein sachliches, welches unser Treiben auch nur irgendwie rechtfertigen könnte, außer die Befriedigung höchst eigennütziger Interessen. Ich bin mir dessen bewusst, und ich stehe dazu, dass ich etwas technisch, sachlich und auch (Umwelt-)politisch höchst unvernünftiges tue, aber meine Leidenschaft für diese Fahrzeuge überwiegt jegliche technische Vernunft.

Zu Ihrem Einschub, die RR/B-Modelle der Vorkriegszeit wären spartanisch ausgestattete, völlig unspektakuläre Kisten für Geschäftsleute gewesen, die ein zuverlässiges und bequemes Fahrzeug gesucht hätten, kann ich nur sagen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Wenn man es in der jeweiligen Zeit betrachtet, wohlgemerkt. Es gab elektrisches Licht ab ca. 1910, den Anlasser serienmäßig als erstes Fahrzeug auf dem Markt glaube ich um 1911 herum, das ingenieöse Hispano-Suiza Servobremssystem mit mechanischem ABS (!) ab 1922, Radios ab 1928 (da waren in vielen Teilen der Welt überhaupt noch keine Sender in Betrieb), Heizung ab ca. den 1930er Jahren (musste bei Opel und Ford noch in den 1960er Jahren als Extra bezahlt werden) usw. usw., von den "luxoriösen" (in Anspielung auf die von Ihnen genannten Pyramiden) Aufbauten ganz zu schweigen.

Wenn es um Neuwagen geht, und damit hat der Thread ja begonnen, ist es Aufgabe einer jeden Firma ein Produkt anzubieten, welches von ihrer Kundschaft nachgefragt wird. Und geben wir es doch einfach zu: es waren noch nie die vernünftigsten Gründe, warum sich Leute einen RR oder Bentley gekauft haben. Und so ist es auch heute. Sollte das "Green Car" Konzept bei den Leuten ankommen, ist es nur zu begrüßen. Umweltpolitisch werden die paar Tausend verkaufte Fahrzeuge pro Jahr in der Gesamtbilanz herzlich wenig ausmachen, dieser Aspekt kann m.E. in einer sachlichen Diskussion (naja, so sachlich wir halt sein und es sehen können, nicht wahr? ;) ) getrost außen vor bleiben. Das einzige "politisch korrekte" Fahrzeug, welches Rolls-Royce übrigens je anbot, der "Legalimit" war ein totales kommerzielles Fiasko und ist auch exakt der einzige Typ, von dem genau gar kein Exemplar überlebt hat.

Fakt ist, dass es nur eine Frage der nächsten paar Wochen oder Monate ist, bis ein Fass Rohöl mehr als 100 Dollar kosten wird und der doppelte Preis in wenigen Jahren erwartet werden kann, zumal Indien und China mit Macht an die Energiequellen dieser Welt drängen. Da diese - wie bekannt - begrenzt sind, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Sprit rationiert werden wird und spätestens dann unsere Lieblinge zu musealen Stehzeugen werden. Zeugen einer Epoche, die wider jeglichen Sachverstand und wider besseres Wissen ihrem Hedonismus in faszinierender Weise gehuldigt hat. Wir werden vor ihnen stehen mit den selben Gefühlen, mit denen wir heute eine Concorde im Museum betrachten: Gott, was war das für ein schönes Ding und wie schade, dass es sich nicht mehr bewegt / bewegen darf.

Freundliche und nachdenkliche Grüße,
Christoph
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Offline Project_C

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #22 am: Mi.14.Nov 2007/ 22:57:18 »
Tja Herr Erbrecht... der Lauf der Welt....

Immer weniger Produkte, die tatsächlich noch Werte vermitteln. Werte wie handwerkliches Können, Bewahren von -handwerklichen- Traditionen etc.. Stimmt, es gibt immer mehr Manager, denen egal ist, was sie verkaufen. Und denen egal ist, ob sie nicht Verantwortung im klassischen Sinne für ihre Unternehmen, ihre Mitarbeiter, die ursprüngliche Firmenphilosophie, die Produkte haben.

Aber wie würden Sie es bewerten, wenn die "alte" Firma hätte weitermachen können, gleichwohl die Autos den "neuen" Modellen ähnlich wären. Wie hätte sich das Unternehmen weiter entwickeln können. Oder hätte es auch im Falle der Nichtübernahme von der Bühne verschwinden sollen/müssen, eben weil es kein "zeitgemäßes", also umweltschonendes Auto zu produzieren in der Lage gewesen wäre? Und warum soll es dann ausgerechnet die Marken Rolls-Royce und Bentley treffen? Was ist mit den anderen. Verkörpert Renault noch Renault? Citroen noch Citroen? Porsche noch Porsche? Selbst Morgan noch in jedem Modell Morgan? Und welche Marken dürfen übrigbleiben?

Und damit es nun nicht zu tiefgründig wird.... Zu Ihrer Anmerkung, dass die Autos der Vorkriegszeit nicht protzig waren- von mir werden Sie diesen Vorwurf auch nicht hören  ;)- ein Tipp, der zu Ihrer These hervorragendes Anschauungsmaterial bietet: Der Film "Gosford Park" von Robert Altmann (GB 2001), der im Jahre 1932 spielt und in dem sich zu Anfang die Gäste einer exklusiven Wochendgesellschaft auf dem Lande in ihren Rolls-Royce bei miesem Wetter dortselbst hinbegeben. Ein Kabinettstückchen für den Enthusiasten.

Einen entspannten Abend wünscht

Jörn
« Letzte Änderung: Mi.14.Nov 2007/ 23:03:28 von Project_Cloud »
Geboren am 4. Mai, dem Jahrestag des 1. Treffens von Charles S. Rolls &  Frederick H. Royce. Zufall?

Offline gelöscht

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #23 am: Do.15.Nov 2007/ 10:47:36 »
Ich finde es mit Hinblick auf from-dust-to-dust-Gesamtaufwand sehr ökologisch einen Rolls Royce zu bewegen (egal welchen). Für mich sind die wahren Umweltegoisten die Jahreswagenfahrer mit verbrauchsarmen Mittelklassefahrzeug. Brötchenholen ist mir im Shadow viel zu umständlich, da gehe ich lieber zu Fuß. Und die Objekte meiner Begierde 1. sind bereits gebaut worden, da wird keine Umwelt mehr verschmutzt und 2. leben länger als der ganze anfällige Mittelklassentand.

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #24 am: Do.15.Nov 2007/ 12:16:07 »
@ Silberschatten:

Theoretischer Zuspruch hinsichtlich Ökobilanz in der Herstellung: Ein Auto, welches theoretisch 50 Jahr gefahren würde und emissionstechnisch immer auf dem modernsten Stand wäre, wäre aus dieser Sicht eine super Sache. Sicherheitsaspekte, die wir uns jedoch heute alle in Dailycars wünschen ausgeklammert. Praktisch hat aber jeder Shadow-Besitzer ein bis mehrere Dailycars. Und die müssen ja auch gebaut werden...

Widerspruch zum Schadstoffausstoß: Ich habe es an anderer Stelle schon einmal geschrieben und scheue auch hier nicht die Konfrontation. Aber was wahr ist, muss auch gesagt werden können: Ein katloser Wagen bläst im Vergleich zu einem modernen Euro 4 Auto ein hundertfaches an Schadstoffen aus. Die oft genannten, geringen Laufleistungen fallen zwar spritmässig nicht in's Gewicht, der Schadstoffausstoß jedoch auf nur wenigen 1000 km im Jahr übertrifft signifikant jenen moderner Fahrzeuge mit einer Jahrresfahrleistung von zigtausenden Kilometern!!!  Dicke Schiffe wie A8 etc. inkludiert.

Verbrauchsmässig muß sich ein Oldie-RR Fahrer sicher nicht schämen. Aber hinsichtlich der Schädlichkeit des Schadstoffausstosses seines geliebten Autos sollte er sich nicht in die Tasche lügen. Wohl dem, der diesen Aspekt ausblenden kann. Damit will ich keine "Schämrunde" einleiten, aber die Dinge etwas ins Lot bringen.

LG
« Letzte Änderung: Do.15.Nov 2007/ 12:23:01 von shadow2 »

Offline gelöscht

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #25 am: Do.15.Nov 2007/ 12:20:13 »
Ich meine die Gesamtbetrachtung. Langlebige Konsumgüter müssen halt weniger oft hergestellt werden als kurzlebige. Ein Fiat 500 aus den 70ern musste bereits nach ein paar Jahren durch einen Panda ersetzt werden, weil verrottet oder nur "doof". Ein Shadow hat ein langes Leben.

Zudem "erzieht" der Verbrauch wie auch die Abmessungen.

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #26 am: Do.15.Nov 2007/ 13:04:18 »
Habe eben meinen Beitrag noch nachgebessert. Thema Gesamtbetrachtung/ langlebige Konsumgüter: Ein Shadow hält ein langes Leben. Möglicherweise und mit viel Liebe - ja. Aber es ist ein altes Auto, das als Dailycar ausschliesslich von Menschen gefahren werden kann, die sich problemlos auch einen Mercedes 500 leisten könnten. Soviel zu den laufenden Kosten, die ein Shadow als Dailycar heute locker verursacht. Wenn nicht mehr. Diese Menschen gibt es jedoch in der Wirklichkeit fast nicht. Jeder halbwegs auf Sicherheit bedachte Normal- und Vielfahrer würde einen Teufel tun und sich heutzutage allein auf einen Shadow etc. verlassen. Stattdessen hält er sich weitere Autos im Stall. Und die haben alle ihre Ökobilanz... Also alles Theorie.

Thema Langlebigkeit: Die Mehrheit der Shadows etc., die tatsächlich als Dailycar eingesetzt wurden, lebt entweder nicht mehr, steht als abschreckendes Beispiel beim Fähnchenhändler, oder wartet auf Restauration. Genauso eben, wie ein Fiat 500. Warum? Weil ein Rolls-Royce bei täglichem Einsatz nach 30 Jahren eben genau so fertig ist, sofern nicht immer und immer wieder teure Verschliess- und Kosmetik-Reparaturen vorgenommen wurden. Und warum wurden diese im Vergleich zum Fiat 500 evtl. durchgeführt? Weil ein Rolls-Royce ein prestigereicher Ausnahmewagen (Thema Markenbildung auf Basis hervorragender, jedoch verblichender Ingenieurleistungen)  ist, der auch 2., 3. und 4. Besitzern für relativ wenig Kohle ein gewisses Prestige und luxuriös anmutende Fortbewegung verschafft. Mehr Prestige auf jeden Fall, als ein Fiat 500. Aus Sicht der RR/B Fraktion zumindest. In Großstädten z.B. erlebte ich jedoch in einem kleinen, roten 500er Fiat vor ein paar Jahren a) postivere und b) zahlreichere Reaktionen, als je mit meinem Shadow. Prestigereich ist der Fiat 500 also auf seine Weise doch. Und übrigens voll restauriert mit 7.000-10.000 Euro (Tendenz steigend) immerhin halb so teuer, wie ein akzeptabler Einser Shadow. Anlass zum Grübeln? Find ich auch...

Die gut erhaltenen, scheinbar so vorbildlichen Shadows und Ts jedoch, die hier zu Überlegungen herangezogen werden, haben meist nicht der täglichen Fortbewegung gedient, wie z.B. so mancher Fiat 500. Ist doch klar, dass diese Autos für uns hochwertig erscheinen. Es ist wie mit einem teuren Handy. Wenn ich als Vieltelefonierer das Ding nach 3 Jahren anschaue, ist es auch abgegriffen. Und so ist es mit RR und B auch. Das Produkt unter Missachtung dieser Tatsachen zu verklären, kann man ja. Ich bin da aber nicht dabei. Ich habe genug Ts und Shadows, Sprits und Mulsannes gesehen, die bei mittelmässiger Pflege und Wartung nach 25 Jahren einfach ein Fall für Brabo und Flying Spares waren.  Zum einen, weil die Substanz schon so schlecht gewesen war, zum anderen, weil der Aufwand einer Restauration in keinem Verhältnis zum späteren Marktwert stand. Da sieht es beim Fiat 500 anders aus. Für sehr überschaubares Geld kann man einen Fiat 500 kaufen und originalgetreu restaurieren und hat danach einen äusserst wertstabilen, sparsamen Oldtimer. Warum? Weil bekannt ist, dass man sich den kleinen 500er einfach leisten kann, ohne ständig Magenschmerzen wegen irgendwelcher sich möglicherweise gerade wieder anbahnender Problemen zu haben, die evtl. zu einem wirtschaftlichen Totalschaden führen können. Der Fiat hingegen braucht kaum Sprit und ein Kotflügel kostet 50 Euro. Oder weniger. Man bekommt überall einen Parkplatz und ein Motorschaden kostet einen Bruchteil dessen, was im Falle Shadow zu löhnen ist. Vom Sympathiefaktor garnicht zu sprechen.

Ergo ist ein RR/B nicht pauschal das bessere Auto, als ein Fiat 500. Ich glaube sogar, der Fiat 500 hat das bessere Konzept, der Shadow nur das luxuriösere. Kaputt gehen beide. Oder es lohnt einfach irgendwann nicht mehr eine Investition vor Hintergrund der Rahmenbedingungen. Und die heutigen Rahmenbedingungen spreichen nunmal eine klare Sprache: Für den Erhalt des kleinen Spritsparer 500, gegen den Erhalt des Hubraum-Dinosauriers mit vertrackter Britentechnik.

Der Shadow kann und darf in einer subjektiven Betrachtung natürlich das "bessere" Auto sein. Noch dazu auf unserem Forum,  wo ein bestimmter Menschenschlag, der in diesen Autos auch nach vielen Jahren noch eine hohe Wertigkeit erkennt. Objektiv jedoch ist ein Shadow ein Stück Automobilgeschichte. Nice to have. Nice to enjoy. Aber Unvernunft pur und mit allen Problemen versehen, die alte Autos nunmal haben.

Aber diese seien jedem von uns von Herzen gegönnt


 ;)
« Letzte Änderung: Do.15.Nov 2007/ 13:34:11 von shadow2 »

Offline PY158

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #27 am: Do.15.Nov 2007/ 15:00:42 »
Unvernunft pur - wielleicht die passendste Umschreibung unserer Leidenschaft. Ich steh dazu ;)

Freundliche Grüße,
Christoph
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Offline WDeck

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #28 am: Do.15.Nov 2007/ 16:02:12 »
Sehr spannend, unterhaltsam und zum Teil äußerst amüsant, ja sogar philosophisch, hier mitzulesen. Kompliment an alle "Schreiber", die hier ihre Gedanken ausbreiten. Ich lese gerne mit und stimme eigentlich allem zu. Jeder hat auf seine Weise recht. Und ich bekenne: Auch ich bin hochgradig unvernünftig!

Mit farbenfrohen und  :) Grüßen aus Eggenstein bei Karlsruhe, Werner Deck
Außerordentlich angenehm auffallend anders als alle anderen!

Offline Project_C

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Re: 2009er "Kleiner Rolls-Royce"
« Antwort #29 am: Fr.16.Nov 2007/ 12:12:55 »
Also ich weiß jetzt gar nicht... ich meine, darf ich mich das jetzt hier noch trauen?  ;)

Na jedenfalls... ist dieser Artikel aus der Welt. Anschauen auf eigene Gefahr und auf das Risiko hin, dass die eine oder andere Meinung -wohin auch immer- doch noch in´s Wanken gerät:

http://www.welt.de/motor/article1361395/Englands_Chromjuwel_Bentley_funkelt_wieder.html

Mit herzlichen Grüßen zum Wochenende!

Jörn
Geboren am 4. Mai, dem Jahrestag des 1. Treffens von Charles S. Rolls &  Frederick H. Royce. Zufall?